Der Igel der Illusion
Und auch so motivierend. Denn wenn andere Menschen ein so perfektes Leben führen können, dann muss mir das doch auch möglich sein. Alles eine Frage der Intention. Ich muss mich nur noch mehr anstrengen. Ich muss noch besser werden. Ich muss, ich muss, ich muss …
Kennst Du die Fabel vom Hasen und Igel, die um die Wette gelaufen sind? Der Igel hat wieder und wieder gewonnen. Weil er betrogen hat. Der Hase hat es nicht gemerkt und ist so lange gelaufen, bis er zusammenbrach.
Wir sind dieser Hase. Im Dienste der Selbstoptimierung laufen wir den Marathon des Lebens im Sprinttempo. Niemals zufrieden fühlen wir uns ständig unvollständig und unerfüllt. Irgendetwas fehlt immer. Nie sind wir gut genug. Und solange wir, unser Leben und unsere Leistungen nicht tiptop sind, sind sie wertlos.
Was ist eigentlich das Ziel dieser Hetzjagd? Perfektion? Perfektion ist Illusion. Sie ist reine Theorie. Nichts und niemand auf dieser Welt ist perfekt. Am allerwenigsten die Menschen, die sich auf Social Media als perfekt präsentieren. Was sehen wir denn dort? Wir sehen die Oberfläche und einen Ausschnitt, der zudem künstlich in Szene gesetzt wurde. Ist das lebendig? Mitnichten! Aber wir nehmen die Show für bare Münze und machen sie uns zum Vorbild. Wie der Hase laufen wir ein manipuliertes Rennen, das wir gar nicht gewinnen können. Der Zusammenbruch ist vorprogrammiert.
Kuck mal, wer da spricht
Nun ist es ja nicht so, dass jemand mit der Peitsche hinter uns steht und uns antreibt. Das ist auch gar nicht notwendig. Die Peitsche halten wir selbst. Die Antreiberin haben wir internalisiert. Druck und Erwartungen aufbauen, das können wir selbst sehr gut.
Druck nachzugeben und Erwartungen zu erfüllen aber, das ist ein aktiver Prozess. Ohne Kooperation unsererseits funktioniert das nicht. Aber warum beteiligen wir uns freiwillig an einem Spiel, das wir nicht nur nicht gewinnen können, sondern das uns obendrein noch unsere Gesundheit und unsere Lebensfreude nimmt? Wessen Stimmen sind es eigentlich, die wir internalisiert haben? Wessen Überzeugungen haben wir übernommen? Aus welchem Gefühl entspringt dieser unbedingte Wille, perfekt sein zu müssen? Woher stammt dieses Fass ohne Boden, das so unbedingt gefüllt werden will?
Ich kann Dir diese Fragen nicht beantworten. Das kannst nur Du selbst. Aber es lohnt sich in jedem Fall, einmal darüber nachzudenken.
Besser geht's nicht
Perfektion ist eine Illusion. Sie existiert schlichtweg nicht. Was aber existiert, das bist Du. Du in Deiner Einzigartigkeit. Du in der Unvergleichbarkeit. Niemand ist wie Du. Deshalb gibt es auch kein besser oder schlechter. Es gibt keine Vergleichbarkeit. Jede*r von uns ist vollkommen, so, wie er/sie ist und wozu wir uns entwickeln.
Zugegeben, diese Sichtweise einzunehmen, ist nicht ganz einfach, wenn die ganze Welt Dir einredet, dass Du so, wie Du bist, nicht genügst. Hier hilft ein Perspektivwechsel. Was auch immer Du im Außen suchst – Anerkennung, Zugehörigkeit, Sicherheit – Du wirst es dort nicht finden. Um es im Außen auftauchen zu lassen, musst Du es zunächst in Dir selbst finden. Nicht, um es auszubuddeln und es dann stolz der Welt zu präsentieren. Was Du suchst, liegt in Dir verborgen. Dort ist es gut aufgehoben. Von dort aus kann es leuchten. Es leuchtet Dir den Weg zu Dir selbst. Und je mehr Du es in Dir leuchten lässt, desto mehr strahlst du nach außen. Aber der Weg beginnt im Innen.
Ein Hund ist ein Hund ist ein Hund ist ein Hund ...
… und sonst nichts. Ein Hund hat keine Funktion und keinen Zweck. Er ist sich selbst genug. Und das sollte er auch auch für uns sein. Auch Dein Hund muss nicht besser werden. Er ist gut, so wie er ist. Du musst ihn nicht verändern.
Ja, ich weiß. Manche Gewohnheiten unserer Hunde sind herausfordernd und anstrengend. Aber warum eigentlich ? Könnte es nicht sein, dass die Herausforderung und Anstrengung, die wir empfinden, daher rühren, dass der Hund einfach nicht unseren Erwartungen und Vorstellungen entspricht ? Was wäre denn, wenn wir die losließen ?
Etwas loszulassen, bedeutet, die Hände zu öffnen. Plötzlich sind die Hände leer und in der Lage, etwas Neues anzunehmen. Sieh Dir Deinen Hund genau an. Er ist gut, so wie er ist. Wie ist er denn tatsächlich ? Wer ist er ? Was ist er ?
Loslassen nimmt Druck. Es öffnet uns für neue Sichtweisen auf alte Fragestellung, Lernerfahrungen und kreative Lösungsstrategien. Loslassen schafft einen Raum, in dem Du und Dein Hund miteinander wachsen und voneinander lernen könnt.
Lass los. Dein Hund wird es Dir danken. Und wenn Du dabei Hilfe brauchst, lass es mich wissen. Ich helfe Dir gerne.
Alles Liebe
Deine Biggi